Smartphone-Buch Ratgeber zur Handy-Praxis: Was man versteht, muss man nicht lernen
Ratgeber zur Handy-Praxis: Was man versteht, muss man nicht lernen

Interview Jürgen Buchert

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Was man versteht, muss man nicht lernen

Wie kamen Sie auf die Idee, Smartphone-Seminare anzubieten?

Smartphones sind extrem lernbedürftig. Mit ihren vielen Apps sind sie viel lernbedürftiger als z.B. das Autofahren. Man muss ja nicht alle zwei bis drei Millionen Apps nutzen. Aber 20 bis 50 Apps nutzen viele. Das sind viel mehr Funktionen als z.B. beim Auto. Für den Straßenverkehr ist ein Führerschein zwingend erforderlich. Nicht für das Smartphone, das schätzt man “nur als Telefon” ein – ein vielleicht gefährlicher Irrtum.

Kinder “lernen” Technik spielerisch. Berufstätige sind oft “Umsteiger” und beschränken das Lernen gern auf das Notwendigste. “Spät-Einsteiger” erleben die Digitalisierung ohne einschlägige Kenntnisse, ganz praktisch z.B. am Fahrkartenautomaten und vor geschlossenen Bankfilialen. Der Grund: Unternehmen verlagern aus Kostengründen ihren Service zur Selbstbedienung ins Internet. Spät-Einsteiger müssen schmerzlich erkennen, dass sie nicht genug wissen. Viele haben sich in ihren letzten Berufsjahren am Computer vorbeigemogelt.

Für manche ändert sich die Lebenssituation durch Krankheit, Umzug etc. “Dafür habe ich meinen Mann”, sagen z.B. Seniorinnen. Wer jetzt einsteigt, hat oft unkonkrete Bedenken. Und oft höre ich die Klage “Meine Kinder / Enkel haben nie Zeit zu helfen und sind zu ungeduldig”. Das bedauern sie jetzt.

Meine eigene Motivation: Ich lerne gründlicher, wenn ich mein Wissen für andere aufbereite. Ich möchte, dass meine Teilnehmer Zusammenhänge verstehen und nicht nur Befehle aus einer Anleitung abarbeiten. Mein Motto:

“Kapieren statt kopieren”

Warum war das erste Buch Ihrer Reihe ein Einkaufsratgeber?

Beim Kauf geht es auch um Geld, das ist für viele wichtig. Vor allem geht es aber um den persönlichen Bedarf. Im persönlichen Umfeld geht es um gegenseitigen Erfahrungsaustausch.

In meinen Seminaren erlebe ich, welche Geräte und Tarife die Teilnehmer mitbringen. Da kann ich vergleichen, was sie wissen, was sie brauchen und was ihnen empfohlen wurde. Und immer wieder hatte ich den Eindruck, dass sie zu überteuerten Smartphones und Tarifen überredet wurden.

Die Teilnehmer bestätigen, was ich in Telefonshops beobachte. Sie wissen zu wenig, um den Verkäufern auf Augenhöhe zu begegnen. Mit dem Einkaufsratgeber erzeuge ich eine neue Augenhöhe, nämlich den Bedarf der Kunden. Dann muss sich der Verkäufer an den Kunden anpassen, nicht umgekehrt.

Woher bekommen Sie die Ideen für Ihre Themen?

Ich bin technisch neugierig, das Smartphone ist mein täglicher Begleiter für viele Aufgaben. Am Schreibtisch, im Sessel und unterwegs. Dafür beobachte ich die Tages- und die Fachpresse und meine Umgebung.

Immer wenn mir eine Frage oder eine interessante Quelle auffällt, notiere ich das in meiner Stichwortsammlung. Das passiert fast täglich und die Sammlung wird immer größer. Für das Lernen und Schreiben habe ich dann genug Fragen.

Wie schreiben Sie?

Das sind gleich mehrere Fragen.

Erstmal die Fachbegriffe und Menüs. Beim PC war es überschaubar. Microsoft mit seinem Quasi-Monopol bestimmte das Design von Windows, die Begriffe und deren Übersetzung. Alles aus einer Hand. Bei den mobilen Geräten gibt es mehrere Hersteller. Jeder modifiziert die gemeinsame Grundlage Android oder geht einen ganz anderen Weg, wie Apple. Alle gestalten und übersetzen in eigener Regie, unkoordiniert. Ich erkläre dann z.B. am Display, dass es auch Bildschirm, Anzeige oder Monitor genannt wird. Auf die Fachbegriffe verzichten will ich nicht, dann würden die Anwender sie in den Dokumentationen nicht verstehen. Ich versuche, Verständnis für die Zusammenhänge zu vermitteln, nicht nur Befehlsabläufe.

Dann der logische Aufbau. Ein neues Thema beginne ich gern mit einem Beispiel. Ich möchte meine Teilnehmer und Leser dort “abholen”, wo sie sich noch auskennen.

Zum Sprachstil: Ich versuche so zu schreiben wie ich spreche. Keine “akademische” Sprache, sondern kurze Sätze, einheitliche Begriffe (z.B. immer “Display”), eindeutige Formulierungen (nicht “es ist einzurichten”, sondern “ich empfehle Ihnen”). Ich will, dass meine Teilnehmer und Leser mich verstehen können. Sie sollen sich nicht mit “Übersetzungen” belasten.

Ganz wichtig ist mir die “Visualisierung”, die komplizierte Sachverhalte auflöst. Das ist die Erklärung von Hintergründen und Zusammenhängen mit “Erklär-Grafiken” und ggf. tabellarischen Übersichten. Nach der Erfahrung “Ein Bild sagt mehr als tausend Worte”.

Wie halten Sie es mit der Sicherheit?

Ich bin im Internet betrogen worden und ich habe eine teure Abmahnung bekommen. Dummheit, da gibt es nichts zu beschönigen. Aber mit Lerneffekt. Ich habe recherchiert und diskutiert. Die Erkenntnisse versuche ich nun weiterzugeben. Eine griffige Formel ist:

“Wer im Internet nicht bezahlt, ist nicht der Kunde, sondern die Ware.”

Anbieter wollen Nutzer abhängig machen, indem sie Komfort und Spaß versprechen und dafür die Privatsphäre ausspionieren. In dieser Wohlfühl-Situation sind Warnungen ganz unbeliebt. Immer wieder mal versuchen unkritische “Jubelnutzer”, mich in die “Spielverderber-Ecke” zu drängen. Ich höre “Ich habe nichts zu verbergen” oder “Ich bin immer ganz vorsichtig”. Wenn ihnen bisher nichts passiert ist, kann ich ihnen für die Zukunft nur viel Glück wünschen.

Ich spreche selten abstrakt von “Privatsphäre” und “Medienkompetenz”. Wenn es passt, baue ich konkrete Beispiele oder Methoden ein. Viele Teilnehmer sind dankbar für sachliche Informationen.

Wie sind Sie selbst digital ausgestattet?

Zum Arbeiten habe ich einen Windows-PC mit mit Microsoft Office und Bildbearbeitung, sowie einen doppelt breiten Bildschirm, Drucker und Scanner. Zum “Produzieren” von Seminarmaterial und Büchern brauche ich das. Zum “Konsumieren” unterwegs oder im Sessel genügt mir ein Smartphone, kein Tablet.

Wenn Sie jetzt Spitzentechnik erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Mein Smartphone mit einer aktuellen Android-Version würde man heute der unteren Mittelklasse zuordnen. Damit nutze ich vielleicht zehnmal mehr Apps als andere Nutzer. Obwohl ich technisch neugierig bin, hat es noch genug Reserven.

Sie sind im Ruhestand. Warum arbeiten Sie noch zu einem so schnelllebigen Thema?

Weil es mir Spaß macht. Ich habe lange vor dem Ruhestand überlegt, was ich danach tun kann. Für mich sollte es nützlich sein, das trifft auf Smartphones zu. Es sollte an meine Erfahrungen anknüpfen, Digitalisierung ist schon lange mein Thema, auch unter dem Aspekt Sicherheit. Zum Denken sollte es anregen, das tut die Digitalisierung, das tut der Umgang mit Menschen, das tut das Schreiben. Meine Zeiteinteilung sollte frei sein. Termine halte ich natürlich ein, aber alles dazwischen ist Freizeit, auch wenn andere es wie Arbeit sehen.

Danke für das (fiktive) Interview.

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